Sitzungsprotokoll vom 21.12.2005 des Bundesrates zur Wohnmobilsteuer


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Geschrieben von Martin aus Hockenheim am 06. Januar 2006 11:52:50:

Das Sitzungsprotokoll des Bundesrates im Original

Jochen Riebel (Hessen):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eine eher trockene Materie zu bereden. Ich darf sie Ihnen kurz erläutern.

Als Folge einer Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung sind zum 1. Mai 2005 Geländewagen und andere Personenkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t wie Personenkraftwagen nach Hubraum und Schadstoffausstoß zu besteuern. Von dieser Neuregelung sind auch Wohnmobile betroffen. Viele Besitzer solcher Kraftfahrzeuge haben Rechtsmittel gegen die höhere Besteuerung eingelegt. Eine Fülle von Gerichtsverfahren ist noch anhängig.

Im April dieses Jahres hat Nordrhein-Westfalen einen Antrag eingereicht, der darauf abzielte, den alten Zustand wiederherzustellen und alle Wohnmobile nach dem Gewicht zu besteuern. Ein bis zum Frühjahr geltendes Kraftfahrzeugsteuerprivileg für Geländewagen über 2,8 t sollte also für Wohnmobile wiederhergestellt werden.

Bundesweit werden bereits heute rund 90 000 der insgesamt 370 000 Wohnmobile, die ein verkehrsrechtlich zulässiges Gesamtgewicht von weniger als 2,8 t haben, als Personenkraftwagen mit einer jährlichen Kraftfahrzeugsteuer zwischen 300 und 700 Euro – je nach Hubraum und Emissionsverhalten – belastet.

Demgegenüber war die Kraftfahrzeugsteuer für Wohnmobile über 2,8 t wesentlich geringer. Bei Fahrzeugen zwischen 2,8 und 3,5 t betrug sie etwa 200 Euro. Diese steuerliche Begünstigung von Personenkraftwagen wurde allgemein als ungerechtfertigt angesehen; denn sie trat allein auf Grund der Überschreitung der Gewichtsgrenze von 2,8 t ein.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die steuerliche Entlastung bei schweren Geländewagen, die mit hubraumstarken Dieselmotoren ausgestattet sind, besonders gravierend war. Das Überschreiten der Gewichtsgrenze wurde von den Fahrzeugbesitzern oftmals allein durch so genannte Auflastungen erreicht, indem beispielsweise größere Reifen montiert wurden und dies in die Fahrzeugpapiere eingetragen wurde.

Der Antrag Nordrhein-Westfalens auf Wiederherstellung des „Wohnmobilprivilegs“, wie es unter Fachleuten genannt worden war, fand nicht genügend Befürworter. Deshalb wurde eine Länderarbeitsgruppe gebildet, die einen gemeinsamen Änderungsantrag erarbeitet hat.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nun auch das Kraftfahrzeugsteuergesetz begrifflich eindeutig an die seit Mai geltende Rechtslage angepasst werden. Vor allem sollen die finanziellen Folgen für Wohnmobilbesitzer durch die Personenkraftwagen- besteuerung ab Mai 2005 gemildert werden.

Angesichts der Härte, die die Umstellung auf Hubraum- und Emissionsbesteuerung für Wohnwagenbesitzer bedeuten kann, ist eine Übergangsregelung vorgesehen. 2005 sollen Wohnmobile noch nach Gewicht besteuert werden. Für 2006 sieht der Gesetzentwurf pauschalierte Abschläge auf die Kraftfahrzeugsteuer vor. Die Höhe des Abschlags ist nach verkehrsrechtlich zulässigem Gesamtgewicht gestaffelt.

Er liegt von 2006 bis 2008 bei 40 bis 50 %. Ab 2011 ist ein dauerhafter Abschlag von der Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 20 % vorgesehen. Dieser ist der besonderen Nutzung der Wohnmobile geschuldet; denn sie werden in der Regel kaum ganzjährig eingesetzt.

Die Halter der Wohnmobile haben ausreichend Zeit, sich auf die geänderte Kraftfahrzeugbesteuerung einzustellen. Sie könnten die Fahrzeuge beispielsweise technisch umrüsten und damit die Steuerbelastung – je nach Schadstoffklasse – verringern.

Unter Umweltgesichtspunkten ist eine Übergangsregelung für andere so genannte Kombinationsfahrzeuge, z. B. Pick-ups oder Pritschenwagen, nicht gerechtfertigt. Diese Fahrzeuge sind vielmehr, wenn sie vorrangig auf Personenbeförderung ausgelegt sind, ausschließlich als Personenkraftwagen zu behandeln.

Der Gesetzentwurf ist gerade im Hinblick auf Wohnmobile ein gelungener Kompromiss zwischen der ausschließlichen Besteuerung nach Gewicht und der ausschließlichen Besteuerung nach Hubraum und Emissionen. Wohnmobile dienen zwar besonderen Zwecken; gleichwohl sollten auch sie allmählich emissionsbezogen und hubraumbezogen besteuert werden. Eine noch stärkere steuerliche Begünstigung ist nicht mehr gerechtfertigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, den vorliegenden – in den Ausschussberatungen geänderten – Gesetzesantrag des Landes Nordrhein- Westfalen zu unterstützen. – Herzlichen Dank.


Präsident Peter Harry Carstensen:

Herzlichen Dank, Herr Staatsminister Riebel!

Das Wort hat Minister Professor Dr. Reinhart (Baden-Württemberg).


Prof. Dr. Wolfgang Reinhart (Baden-Württemberg):

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren!

Herr Kollege Riebel hat den Werdegang sehr sachkundig vorgetragen. Ich möchte mich seinen Ausführungen anschließen und zur ökonomischen Fortsetzung der Beratungen meine Rede zu Protokoll*) geben.

Ich will lediglich bemerken, dass sich Baden-Württemberg auch der Lösung hätte anschließen können, für Wohnmobile über 2,8 t den früheren Zustand beizubehalten. Wir tragen aber den gefundenen Kompromiss mit, um den auch unser Land gerungen hat.

Wir stehen dazu.


Präsident Peter Harry Carstensen:

Danke schön, Herr Professor Dr. Reinhart!

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Einbringung des Gesetzentwurfs in der unter Ziffer 1 der Empfehlungsdrucksache 229/1/05 vorgeschlagenen Fassung ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat beschlossen, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag in einer Neufassung einzubringen.

Ich stelle fest, dass entsprechend Ziffer 3 der Ausschussdrucksache Herr Staatsminister Weimar (Hessen) zum Beauftragten des Bundesrates für die Beratung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und in dessen Ausschüssen bestellt wird.





Antworten:


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