Überholung der Servopumpe

Hier findet sich eine ausführliche Beschreibung, wie man die Lenkhilfepumpe = Servopumpe im LT überholen und neu abdichten kann. Gerne bilden sich bei LTs mit Servolenkung Öltropfen unten an den Schläuchen zur Servopumpe, links unten am Motorblock sitzen. Zunächst ist zu prüfen, wo genau das Öl herkommt, ob von den Leitungsanschlüssen oder dem Wellendichtring an der Pumpenwelle. Sollte es am Wellendichtring liegen und die Leckage auf Dauer zu groß werden, bleibt nur der Ausbau und die Instandsetzung der Pumpe.

Grundlagen / Komponenten / Werkzeuge

Die Servopumpe im VW LT 1 wurde von ZF konstruiert und findet sich in ähnlicher Form in vielen anderen Fahrzeugen. Es handelt sich dabei um eine 10-Flügelzellen-Hydraulikpumpe, sie ist im LT ab Werk auf einen Ausgangsdruck von 100 Bar begrenzt. Betrieben und geschmiert wird sie mit dem ATF (Automatic-Transmission-Fluid), das auch den restlichen Lenkungskreislauf inkl. Lenkgetriebe versorgt.

Bestandteile

* Pumpengehäuse
* Pumpenwelle
* Flügelzellen-Rad und dessen 10 Flügeln
* Grundplatte mit 2 Druckkammern
* Zwischenplatte mit elliptischer Bohrung für das Flügelzellenrad
* Deckplatte mit 2 Druckkammern
* Zwei Passstifte
* runder Sicherungsring für das Flügelzellen-Rad (Achtung gibt es so nicht mehr)
* Feder welche das Druckkammerpaket vorspannt
* Zwei O-Ringe (2,5mm Stärke 67mm Durchmesser / 2,5mm Stärke 69mm Durchmesser)
* Wellendichtring OAS-19.05×33.33×7.93-NBR
* Nylon-Stützring für den ersten O-Ring welcher in der unteren der beiden Nuten liegt und den 67mm O-Ring stützt.
* Pumpengehäusedeckel
* Sicherungsring welcher den Pumpengehäusedeckel gegen die Feder im Inneren der Pumpe sichert und somit das Axiale Spiel der Pumpenwelle definiert und begrenzt.
* Überdruckventil welches den maximalen Pumpenausgangsdruck auf 100 Bar begrenzt
* Feder welche das Überdruckventil in der Ventilbohrung vorspannt und so den maximalen Druck definiert
* Gleitlager vorne im Pumpenhals, welches die Pumpenwelle lagert und durch eine Bohrung mit ATF-Öl versorgt wird (nicht wechselbar)
* 28mm Aluminiumdichtring welcher die 30er Verschlussschraube des Überdruckventils abdichtet.
* Riemenscheibe welche mit 3 M8x15mm Innensechskantschrauben und 3 Federscheiben auf der Pumpenwelle befestigt wird.

Benötigte Werkzeuge

* Sprengringzange
* Schraubstock mit weichen Backen
* Schraubensicherungslack mittelfest
* Kleiner Schlitzschraubendreher
* Kupfer oder Aluminiumdorn
* Kleiner Schonhammer
* Edelstahlwanne o.Ä. für die Reinigung der Teile
* Kleine Behälter für die Sortierung der Teile
* Diesel zum Reinigen
* ATF-Öl
* Sauberer Arbeitsplatz!
* Demontagehilfe Sonderwerkzeug:
Es wird ein Niederhalter oder eine Schraubzwinge für den rückseitigen Pumpendeckel benötigt, um den Feder-Sicherungsring entfernen zu können. Wer sich den Niederhalter bauen will: Hierzu wird ein Blechstreifen 120mm x 20mm mit zwei Durchgangsbohrungen 8mm sowie eine Gewindebohrung für M10 benötigt. Die zwei Bohrungen zur Befestigung am Pumpengehäuse liegen 90mm auseinander (siehe Skizze). Nun kann mit zwei von den drei M8 Befestigungsschrauben der Riemenscheibe das Werkzeug am Pumpenkörper befestigt werden. Mit einer weiteren M8 Schraube SW 17 kann nun mittig der Pumpendeckel ca. 5mm in das Pumpengehäuse gedrückt werden, so wird der Sicherungsring zugänglich und lässt sich ohne Probleme mit einem Schlitzschraubendreher aus der Nut hebeln.

Zerlegung der Servopumpe chronologisch

Es empfiehlt sich, während des Zerlegens Fotos von allen Arbeitsschritten zu machen, um später eventuell nicht den Überblick zu verlieren. Ebenfalls sollten alle Einzelteile sorgfältig abgelegt und anschließen gereinigt werden.
Zur erst die Pumpe mit der Riemenscheibe nach oben in den Schraubstock spannen und durch eine der größeren Bohrungen einen entsprechenden Kupfer- oder Aluminiumdorn stecken, so kann sich die Riemenscheibe nicht mehr drehen, wenn sich der Dorn am Pumpengehäuse abstützt.
Nun mit einem Innensechskantschlüssel Größe 6 die drei M8-Schrauben lösen und zur Seite legen.
Anschließen die Riemenscheibe abnehmen und zur Seite legen.
Pumpe nun kopfüber in den Schraubstock spannen und Sonderwerkzeug mit zwei M8-Schrauben (die Schrauben der Riemenscheibe sind perfekt dafür geeignet) am Pumpengehäuse befestigen. Dann in die Mitte eine M8-Schraube SW 17 einschrauben und vorsichtig den Pumpendeckel in das Pumpengehäuse drücken (nur so weit, dass der Sicherungsring zugänglich wird).

Alternativ kommt hier die Schraubzwinge zum Einsatz.

Jetzt mit einem kleinen Schraubendreher den Ring aus der Nut hebeln und mit einer Kombizange über das Hilfswerkzeug fädeln und zur Seite legen.
Sonderwerkzeug demontieren und mit dem Schonhammer vorsichtig auf den Pumpendeckel klopfen. Hier kann es sein, dass der Pumpendeckel nicht vollständig aus dem Gehäuse kommt (Dreck, Grate etc.). Es kann helfen, den Deckel vorsichtig mit einem Kupferdorn sternförmig anzuschlagen – so kommt er Stück für Stück weiter aus dem Gehäuse.

Deckel abheben und zur Seite legen, große Feder entnehmen und zur Seite legen.

Jetzt hat man Zugang zur Druckkammerscheibe Nr.1 - sie sitzt arretiert mittels der beiden Passstifte sehr passgenau im Gehäuse - hier ist es hilfreich die Pumpe umzudrehen und vorsichtig mit dem Schonhammer auf das Gehäuse zu schlagen.
Dabei gleichzeitig mit den Fingern die Druckkammerscheibe abfangen, damit einem nicht alle Bauteile entgegenkommen.
Auf der Druckkammerscheibe sind auf der Oberseite Markierungen eingeprägt “R” und “F3” - diese müssen nach oben zeigen.

Nun Druckkammerscheibe zur Seite legen, es wird der Blick auf die Zwischenscheibe und das Flügelzellenrad frei.

Zwischen Flügelzellenrad und Pumpenwelle sitzt ein kleiner Sicherungsring in einer Nut und arretiert das Rad auf der Welle. Dieser muss äußerst vorsichtig mit einer Sprengringzange auseinander gedrückt und mit einem kleinen Schlitzschraubendreher von hinten aus der Nut gehebelt werden. Es gibt hierfür keine besondere Zange, der Ring ist so gefertigt, dass er in der Nut bündig mit der Druckkammerscheibe und dem Flügelzellenrad abschließt (deshalb hat er auch keine Löcher wie sie Segeringe sonst haben).
Er wird sich bei der Demontage leicht verformen, was später aber leicht wieder korrigiert werden kann. Er darf auf keinen Fall verloren gehen!

Jetzt die Pumpenwelle von vorne aus der Pumpe ziehen und beiseite legen.
Das Flügelzellenrad und die dazugehörigen 10 Lamellen können nur von oben entnommen werden. Das Flügelzellenrad hat zwei Seiten: Oben hat es einen kleinen Absatz in dem der Sicherungsring sitzt, auf der Rückseite ist die Bohrung angesenkt (siehe Foto).

Jetzt die beiden Passstifte aus dem Gehäuse ziehen (sie sind identisch) und beiseite legen. Die mittlere Druckkammerplatte kann ebenfalls nach oben hin entnommen werden, genauso wie die untere Druckkammerplatte.

Jetzt das leere Pumpengehäuse drehen und festspannen – mit einer Nuss SW 30 die Schraube vom Überdruckventil lösen (Vorsicht, federbelastet!).

Feder und Überdruckventil entnehmen und zur Seite legen

Wenn alle Komponenten entnommen wurden, sollte das in etwa so aussehen:

Nun geht es an das Entfernen der Dichtringe – dazu mit einem kleinen Haken oder Schraubendreher im Inneren der Pumpe die beiden O-Ringe aus der Nut hebeln.
Am unteren der beiden O-Ringe ist Vorsicht geboten, denn unter dem O-Ring liegt ein Stützring aus Nylon, welcher auf keinen Fall zerstört werden darf! Er muss sehr vorsichtig entfernt werden, um die Nut vernünftig reinigen zu können.

Nun mit einem Kupferdorn o.Ä. von hinten im Pumpenhals hinter den Wellendichtring einhaken und vorsichtig mit dem Hammer den Ring aus dem Pumpengehäuse treiben.

Nun ist die Servopumpe komplett leer und kann gereinigt werden, es bietet sich an, dafür ein Ultraschallgerät zu nutzen – Diesel und Pinsel tut es aber auch. Wichtig ist nur penible Reinlichkeit bei allen Komponenten. Ich persönlich nehme dazu Bremsenreiniger und Druckluft sowie fusselfreie Lappen. Die Pumpe wird bei der Montage nass montiert, was bedeutet, dass alle Teile vorher in ATF eingelegt werden sollten, um ein Trockenlaufen der Pumpe bei Inbetriebnahme zu verhindern.

Benötigte Ersatzteile

* 1 x O-Ring 2,5mm x 67mm
* 1 x O-Ring 2,5mm x 69mm
* 1 x Wellendichtring OAS-19.05×33.33×7.93-NBR
* 1 x Dichtring M20 für Verschlussschraube - 1,5 mm Dick - DIN 7603 – Aluminium
* 2 x Dichtring M12 Verschlussschrauben - 1,5 mm Dick - DIN 7603 – Kupfer
* 2 x Dichtring M14 Verschlussschrauben - 1,5 mm Dick – DIN 7603 – Kupfer

Montage

Wellendichtring in den Pumpenhals einpressen (einschlagen geht auch, vorsichtig – nicht verkanten).
O-Ring 67mm mit ATF bestreichen und in die unterste Nut einlegen und darauf achten, dass der Stützring unter dem Ring liegt, nicht darüber.
O-Ring 69mm mit ATF bestreichen in die zweite Nut einlegen.

Nun untere Druckkammerplatte in die Pumpe einlegen und mit den beiden Passstiften arretieren.

Dann die zwischenplatte über die beiden Passstifte setzen – sie hat eine Kerbe, diese muss nach oben zeigen.

Wenn die untere und die mittlere Druckkammerplatte montiert ist, kann das Flügelzellenrad über die Welle geschoben und mit dem Sicherungsring gesichert werden.
Beim Flügelzellenrad nun auf die Orientierung der Lamellen achten. Sie sind an der Außenseite abgerundet und weisen durch den Gebrauch eine blanke sowie eine matte Stelle auf. Die matte Stelle entsteht durch die Bewegung im Flügelrad, da sie bei Belastung im Rad leicht kippen und so auf einer Seite mehr belastet werden als auf der anderen Seite. Das bedeutet hier – die matte Seite zeigt von oben gesehen gegen den Uhrzeigersinn.

Die dritte Druckkammerplatte wird wie auf dem Foto links zu sehen, mit der Kerbe in der Nähe des “R” auf der Oberseite montiert.

Dann die Feder aufsetzen, die dünnere Seite kommt auf die Druckkammerplatte, die größere Seite zeigt nach oben.
Nun den Deckel aufsetzen und mit dem Sonderwerkzeug in das Pumpengehäuse drücken und mit dem Sicherungsring fixieren.
Jetzt wird das Sicherungsventil in die Bohrung gesetzt und anschließen die Feder eingeführt und mit der M20 Verschlussschraube sowie einem neuen Dichtring gesichert. Schraube mit 60Nm anziehen.
Zum Schluss wird noch die Riemenscheibe auf die Welle gesetzt und mit Schraubensicherung “Mittelfest” auf der Welle mit den drei M8-Schrauben sowie deren Federscheiben verschraubt. Um sie richtig anziehen zu können, wieder einen Kupferdorn durch die Riemenscheibe stecken – dieser verkeilt sich am Pumpengehäuse und blockiert so das Riemenrad. 20 Nm pro Schraube reicht hier aus.

Wenn man alles korrekt zusammengebaut hat, ist man hier fertig.


Felix Nov 2024 / edit Chris Jan 2025 —-
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start/reparaturtips/servopumpe.txt · Zuletzt geändert: 2025/01/05 22:17 von chris